Nachdem ich mein Radon Rennrad zusammengebaut hatte und von einem Freund die Feinjustierung der Schaltung vorgenommen wurde, konnte ich es natürlich kaum erwarten die erste Runde mit dem neuen Rennrad zu drehen.  Sattelposition, Sitzhöhe sowie Sitzlänge wurde streng nach Vorgaben diverser Youtube Tutorials eingestellt – Schuhplatten sowie Klickpedale ebenso. Naja, die erste Fahrt in der Tiefgarage fühlte sich von der Sitzposition her ja schon ganz gut an. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass mir das Ein- und Ausklicken bei den Pedalen noch nicht so einfach von der Hand bzw. vom Fuß ging. – einmal hätte es mich auch fast hingewixt. Ich werde mich also bei der ersten Ausfahrt den Ampeln eher hochkonzentriert und mit viel Respekt nähern. Als nach 2 Tagen Regen das Wetter endlich wieder trocken und auch die Temperatur für Ende Oktober überdurchschnittlich gut war, schwang ich mich auf mein Carbonross.

Wenn ich unsere Wohnhausanlage verlasse, habe ich mit em Rennrad zwei Möglichkeiten: ich biege nach rechts ab, dann geht es Richtung Breitenfurt – in den Wienerwald hinein (u.a. lauert da der kleine Semmering), wo man ordentlich Höhenmeter sammeln kann. Biegt man nach links ab geht es Richtung Laxenburg und in weiterer Folge ins Burgenland – also Flachlandgebiet. Was will man als Radfahrer mehr? Übermotiviert wie ich halt so war, habe ich mich für rechts entschieden. In gpsies.com hatte ich die Route vorgeplant und in meinen alten Garmin Edge 800 reingeladen – ca. 30km und 300 Höhenmeter, jeder fängt mal klein an.

Die Sonne scheint, die Straße ist trocken, die Luft ist (halbwegs) warm… und schon nähere ich mich der ersten roten Ampel, keine 500m vom Startpunkt weg. Mein Plan war folgender –  schon von weiten das Tempo reduzieren und ganz gemächlich an den Autos vorbei zur Haltelinie elegant hinrollen, denn vielleicht schaltet sie ja doch rasch auf Grün um und ich muss gar nicht erst aus den Klickpedalen raus, hehe! Aber denkste. Wien ist geprägt von langen Rotphasen – das rote Wien, könnte man sage 😉 Also, versuchte ich in meiner guten, alten MTB Poser Manier mit einem Trackstand dem ausklicken zu trotzen. Jedoch der Ausklickmoment zwischen Trackstand und Umfallen ist ein äußerst geringer und ich habe gerade noch den Fuß auf die Straße gebracht als das Rad nach Gleichgewichtsverlust in bedenkliche Schräglage gekommen war. Kopfschütteln eines Autofahrers als Bestätigung der eigenen Unfähigkeit – da gibt’s auf jeden Fall noch Trainingsbedarf!

Aber noch lustiger ist es natürlich für einen Anfänger wieder zeitgerecht einzuklicken, wenn die Ampel auf grün springt. Ja, einen Fuß hatte ich recht schnell im Pedal, der Zweite wollte nicht so recht – für Unterhaltung habe ich auf jeden Fall an den nächsten 4 Kreuzungen gesorgt, bis es endlich rechts Richtung Laab am Walde ging.

Als MTB’er habe ich das Rennradfahren eigentlich immer ein wenig belächelt – schmale steile Trails, Sprünge über Geländekanten, bügeln von Wurzelteppichen… und das alles inmitten der herrlichen Natur, abseits von Asphalt, der Autofahrer, die sich manchmal äußert eng bei einem vorbeidrücken. Dazu auch nach die endgeile Optik eines Hightech MTB…. na, bitte – was hat da der Rennradsport schon entgegenzusetzen? Nix, oder? Naja, aber es ist so: mit einem knapp 8gk schweren Rennrad macht’ man auch als untrainierter, bisserl Blader wie ich, schon ordentliche Meter – und Geschwindigkeit ist nun mal etwas sehr Leiwandes.

In der Ebene bin ich also durchschnittlich mit über 30km/h, bei ein wenig Gefälle sogar um einiges mehr unterwegs, selbst eine Steigung von anfänglich bis zu 3% vermag ich eigentlich nicht so zu spüren. Als Zuckerguss dann die Abfahrt vom Ropperberg bis zur Liesinger Straße (auf Strava auch als Wolfsgraben DH bezeichnet), mit einem Gefälle von 3-9%. Letzter Gang, ordentlich reintreten und die Landschaft pfeift bei einem nur so vorbei. Adrenalin pur – Rennradfahren hat schon etwas!

Bei kurzfristig ca. 55 km/h ist aber dann Schluss mit lustig und ich greife ein wenig in die Eisen… hohe Geschwindigkeiten mit einem schmalen Lenker und noch viel schmäleren Reifen – an das muss man sich erst gewöhnen, aber es ist jetzt schon wirklich geil. Aber dann, an der Kreuzung links Richtung Wolfsgraben, ab Ende der Ortschaft, da wartete dann schon die Ernüchterung – in Form des kleinen Semmerings.

Jemand der schon längere Zeit Rennrad fährt, eventuell regelmäßig auch an extremeren Radtourfahrten teilnimmt, wird die Steigung des kleinen Semmerings von max. 11% auf eine Länge von 2,5km nur ein müdes Lächeln abringen – für mich war das schon eine ganz schöne Herausforderung, denn das ist mit dem Mountainbiken, zumindest wie ich es praktiziere, nicht so ganz zu vergleichen. Ich bin es dann doch ohne Pause durchgetreten, mit einen Schneckentemposchnitt von 11,5km/h hat hat die Quälerei etwas über 13 Minuten gedauert. Später habe ich dann auf Strava entdeckt, dass auch Bernhard Kohl (Tour De France gesamt 3ter und einst die große österreichische Radsporthoffnung bis er dann leider gesperrt wurde) die gleiche Strecke .in 6:10min und mit einem knappen 25km/h Schnitt gefahren ist. Ja, Strava ist schon super interessant – und Bernhard Kohl fährt in einem ganz anderen Universum.

Ein bisserl Demütigung darf bei meinem Glück natürlich auch nicht fehlen, denn gerade als für mich die Kurven bzw. Kehren scheinbar kein Ende nahmen und der Garmin Edge mir 9% Steigung attestierte, riss es eine 3er Gruppe an mir vorbei – alle in hauchdünnen Zentimeterabstand aufgeschnürlt und superschick in Vereinsuniform, hat der Letzte der Gruppe im Vorbeifahren dann noch ein lockeres „Servas“ von sich gegeben… das Trauma von Weidlingbach schießt mir unmittelbar in den Kopf!

Nach dem kleinen Semmering geht es dann glücklicherweise durch Breitenfurt ca. 12 km lang stetig bergab bzw. brettleben nach Liesing an den Startpunkt meiner Runde zurück. Nach einer Stunde und zwölf Minuten stand ich dann doch eher zufrieden vor der Haustür der Wohnhausanlage. Keine Schmerzen in Rücken, Nacken oder Beinen – und ich war eigentlich noch halbwegs fit. Da geht also noch was! Nur der Hintern tut ordentlich weh. Der Fizik Antares Sattel ist aber auch wirklich sauhart. An meinem YT Capra habe ich einen SQLab active Sattel verbaut, das war ein Quantensprung an Komfort im Vergleich zum Originalsattel – sollte ich für das Radon Spire eventuell auch ins Auge fassen.

Rennrad Runde
Zeit:1:14:26
Distanz:29,05km
Höhenmeter:303m
Geschwindigkeit ø:23,4km/h
Herzfrequenz ø:153bpm
Herzfrequenz max:177bpm
Trittfrequenz ø:75
Anstrengungmäßig
Gewicht:79,7kg

Verfasst von

Michael

Absolvent eines Architekturstudiums, beruflich selbständig (Baugewerbe) und stolzer Vater einer Tochter. Im November 2019 habe ich mir nach über 30 Jahren wieder ein Rennrad zugelegt und trainiere seit Mitte Jänner 2020 regelmäßig bis zu 5x in der Woche. Außerdem bewege ich mit großer Leidenschaft mein MTB durch die Wälder Österreichs.